Spinatreste am Schneidezahn, Apfelkerne an der Wange - wie sage ich es meinem Verhandlungspartner?
Von Oliver GraueDer Sketch mit der Nudel, die trotz ständigem Abtupfens mit der Serviette permanent durch Loriots Gesicht wandert, ist legendär. Irgendwie ultra-peinlich das Ganze. Und doch auch im Geschäftsalltag nicht ungewöhnlich.Es muss ja nicht gleich die Nudel sein, die dem Verhandlungspartner vor der Nase hängt – aber wie wäre es mit dem Spinatblatt am Zahn? Sag ich es ihm oder ihr? Verschweige ich es und versuche, mich auf das Inhaltliche zu konzentrieren? Aber wie soll das möglich sein, wenn der Blick ständig am Spinat hängenbleibt?Kürzlich klebte einem Geschäftskollegen noch der halbe Apfel an der Wange, als er mich begrüßte. Wobei ich mich zwei Dinge fragte. Erstens: Welche Obst-Ess-Technik wendet er an? (ich stecke Äpfel meist in den Mund.) Und zweitens: Sagen oder nicht sagen? Was aber, wenn ich selbst einen kleben habe? Es reicht ja schon ein Brötchen-Krümel!Eine ähnliche Situation ergab sich dieser Tage auf der Weihnachtsfeier einer Fluggesellschaft. Mein Gegenüber – eine nette Dame – wunderte sich, warum sie im Gegensatz zu uns anderen einen "so ulkigen" Teller vor sich stehen hatte. Es machte ihr nichts aus, sie ließ ihn sich von der Bedienung trotzdem füllen.Hätte ich ihr verraten sollen, dass es sich a) um keinen normalen Teller, sondern um die Unterlage des Tisch-Weihnachtsgestecks handelte? Und dass b) ein anderer Gast diese bereits mangels anderer Möglichkeiten als Olivenkern-Ablage benutzt hatte?Vielleicht sollte man das alles nicht so ernst nehmen. Geschmeckt hat der Dame ihr Essen trotzdem, und die Apfelreste fielen dem Herrn auch nach wenigen Minuten von der Backe. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Oder, wie Loriot es formuliert: "Bitte sagen Sie jetzt nichts, Hildegard!"
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