Der Flughafen Berlin-Tegel (TXL) wurde 1948 eröffnet und verband Berlin mehr als 70 Jahre lang mit der Welt. Nun schließt er für immer. Künftig müssen sich die Berliner, um abzuheben, zum neuen Airport nach Brandenburg aufmachen.
Die einen lieben ihn, weil er so zentral gelegen ist wie kaum ein anderer Hauptstadt-Flughafen und extrem kurze Wege verspricht. Seine Sechseck-Architektur hat allerdings in der jüngsten Boomphase der Luftfahrt dazu geführt, dass Tegel aus allen Nähten platzte. Anzubauen, das war dort praktisch nicht möglich. Chaos an verkehrsreichen Tagen war die Folge.
Tegel-Schließung: Ein Abschied für immer
Damit ist jetzt Schluss: Nach 14 Jahren Bauzeit ist der neue Hauptstadt-Airport BER endlich fertig – und wird zum Monatswechsel eröffnen. Die Folge für Tegel: Am 8. November wird der Flughafen mit dem Beinamen "
Otto Lilienthal" für immer geschlossen. Ein Sonderflug von Air France wird die Ära Tegel beenden.
TXL hat eine bewegende Geschichte
Dessen Geburtsstunde hängt unmittelbar mit dem Beginn des Kalten Krieges zusammen. Als im Juni 1948 die Sowjetunion eine Blockade über West-Berlin verhängte, blieb den Westalliierten nur die Option, die Westberliner über eine Luftbrücke zu versorgen. Am 5. November 1948 landete eine C-54 Skymaster erstmals auf dem Flugplatz.
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Später, nachdem die Luftbrücke 1949 beendet wurde, entwickelte sich Tegel zum Flughafen mit zivilen Linienflügen weiter.
Air France gehörte damals zu den ersten, die an dem Westberliner Flughafen landeten. Deshalb dürfen die Franzosen auch den Abschiedsflug übernehmen. Fluggesellschaften wie Air France oder auch die amerikanische
Pan American World Airways gehörten während der deutschen Teilung zu den wenigen, die Westberlin anfliegen durfen. Das war damals nur Fluggesellschaften aus Ländern der Besatzungszonen erlaubt.
Boom mit Air Berlin
Das heutige sechseckige Hauptgebäude, Terminal 1, des TXL wurde im September 1974 eingeweiht. Jahre später bekam Tegel unter anderem durch
Air Berlin, die sich in den 2000er und 2010er-Jahren von Ferienflieger zum Netzcarrier weiterentwickeln wollte, mehr Flüge und vor allem auch mehr Langstrecken-Dienste etwa Richtung USA. Die rot-weiß lackierten Flugzeuge der Airline prägten viele Jahre das Bild in Tegel. Nachhaltig Geld zu verdienen, viel mit dem Geschäftsmodell jedoch schwer. 2017 flog Air Berlin in die Insolvenz – und Berlin-Tegel erlebte einen Rückschlag.
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Insbesondere Billigflieger wie
Easyjet und die LH-Tochter
Eurowings sorgten aber schnell für Ersatz, wenn auch nur im Europa-Verkehr. Langstrecken-Carrier tun sich mit dem Standort Berlin nach wie vor schwer. Das Publikum dort gilt als sehr preissensibel. Die Tatsache hat auch Lufthansa stets vor längerfristigen Fernstrecken-Engagements ex Berlin abgehalten.
Die Corona-Krise hat nun auch in Berlin den Flugverkehr seit Jahresbeginn um 60 Prozent und die Passagierzahlen sogar um 70 Prozent einbrechen lassen. Für das Umzugsprojekt Tegel–BER hat das einen Vorteil: Es sollte zwischen dem 31. Oktober und dem 8. November relativ glatt über die Bühne gehen. Davon geht auch Airport-Chef Engelbert Lütke Daldrup aus, der keine größeren Probleme erwartet.
Am Tag eins will er am neuen BER im dortigen Terminal 1 gut 5000 Reisende abfertigen. Weitere 8000 werden an dem Tag im Terminal 5, dem ehemaligen Flughafen Schönefeld, erwartet. Auch Tegel soll am 1. November noch gut 11.000 Passagiere zählen. Ähnliche Zahlen sind dort noch bis zum 7. November zu erwarten.
Urban Tech Republic statt TXL
Und was wird dann aus dem TXL-Gelände? Gut sechs Monate soll der Airport noch betriebsbereit gehalten werden. Dann ist ein großes Stadtplanungsprojekt angedacht: Ein Quartier mit mehr als 5000 Wohnungen und Platz für 10.000 Menschen soll dort in Tegel entstehen, zudem gleich nebenan ein Forschungs- und Industriepark namens "Urban Tech Republic". Die für die Entwicklung verantwortliche landeseigene Tegel Projekt GmbH will dort Gründer, Studenten, Investoren, Industrielle und Wissenschaftler zusammenbringen und bis zu 1000 Unternehmen und Institute ansiedeln. Die Projektgesellschaft will das Gelände bereits im Sommer 2021 übernehmen. Schon 2026 sollen die ersten Bewohner das Quartier beziehen, so die Planung. Eine fünfjährige Bauzeit war auch mal für den BER angedacht.




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