Öko-Tourismus am Strand

Miami wird grün – zumindest ein bisschen

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South Beach ist der südliche Teil von Miami Beach, bekannt für seinen weißen Sandstrand.
South Beach ist der südliche Teil von Miami Beach, bekannt für seinen weißen Sandstrand.

Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit sind nicht gerade die Aushängeschilder der USA. Doch gerade die schillernde Metropole Miami will grüner werden – davon haben auch Touristen etwas.

Auf dem Ocean Drive in Miami Beach ist die Hölle los, vor allem rund um die 10. Straße. Dort steht der bekannte Uhrenturm mit dem Thermometer, das immer warme Temperaturen anzeigt und darum für Fotos so beliebt ist. Unaufhörlich röhren die Motoren der Autos, die sich hier langsam über die Straße schieben. Ein ganz normaler amerikanischer Ort also, an dem es ohne Auto nicht geht und wo man sorglos mit der Umwelt umgeht? Den Eindruck kann man in Miami kriegen. Ein Stau folgt auf den nächsten. Kräne prägen das Stadtbild, an vielen Stellen entstehen neue Hochhäuser und Hotels. Außerdem hat Miami den größten Kreuzfahrt-Hafen der Welt mit fünf Millionen Passagieren pro Jahr.

Doch Miami ist auch die Stadt, die von zwei Nationalparks eingerahmt wird. Den Everglades mit ihrer einzigartigen Sumpflandschaft im Westen und dem Biscayne National Park, der fast noch im Stadtgebiet liegt. Die feinen Strände locken viele Touristen an. Einige Politiker sowie zahlreiche engagierte Einwohner sind sich der Vergänglichkeit dieser Naturschönheiten und des Ökosystems bewusst.

Darum sind in Miami Beach sämtliche Plastikbehälter verboten – bei Strafe. In den USA höchst ungewöhnlich. Kein Getränk im Plastikbecher sieht man, kein Essen „to go“ in Styropor. Am Strand und in den Parks von Miami Beach wird ebenfalls darauf geachtet, dass sich jeder an seine gute Kinderstube erinnert. Wer etwas mitbringt ans Meer, der soll es auch wieder mitnehmen. In regelmäßigen Abständen stehen riesige Mülltonnen hinter den Strandhäuschen. Die Strafe für die, die das erste Mal beim „littern“ erwischt werden – also dabei, ihren Müll liegen zu lassen: 1500 US-Dollar (umgerechnet 1269 Euro).

Dass auch dieses hohe Bußgeld nicht alle davon abhält, ihren Müll einfach hinzuschmeißen, zeigen die regelmäßigen Strandsäuberungen, die sowohl private Gruppen als auch öffentliche Einrichtungen und Unternehmen organisieren. So wird der Müll nicht ins Meer geweht. Und was der Ozean anspült, wird ebenfalls aufgesammelt.

Hotels beweisen Umweltfreundlichkeit

Auch die Belegschaft des Hotels „The Palms“ macht alle drei Monate mit, als Teil ihres eigens aufgelegten grünen Programms. Das beinhaltet noch anderes: Die Klimaanlage läuft nicht auf Hochtouren, sondern mit angenehmen Temperaturen. Müll wird, wenn möglich, vermieden oder recycled, Bettwäsche und Handtücher nur auf Wunsch ausgewechselt. Es gibt Bewegungsmelder und Energiesparlampen. Das Schlüsselsystem wurde umgestellt auf Karten ohne Magnetstreifen – denn die lassen sich besser recyclen.

Das Küchenteam des hoteleigenen Restaurants Essenzia bewirtschaftet einen eigenen Garten, in dem tropische Früchte und Kräuter wachsen, die aus der Region kommen – und in den Gerichten und Drinks von der Bar landen. Zudem ist das Restaurant ein sogenannter Farm-to-table-Betrieb: Die verwendeten Produkte kommen frisch vom Bauernhof aus der Region.

Es sind Dinge, die in Europa oft selbstverständlich sind – in den USA aber nicht. Warum keine Solarpanels auf dem Dach? In Miami scheint an mehr als 300 Tagen im Jahr die Sonne „Wir prüfen das immer wieder“, sagt Tanja Morariu, die Chefin vom Green Program. Allerdings: In der Hurrikan-Saison von Juni bis November können Wirbelstürme die Panels vom Dach reißen. Das ist nicht nur ein teurer Verlust, sondern auch gefährlich. „Darum haben wir uns bislang dagegen entschieden.“

Morariu ist mit anderen Hoteliers im Greater Miami and the Beaches Hotel Association’s Sustainable Hospitality Council organisiert. In diesem Gremium werden immer wieder neue Ideen für Projekte zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit entwickelt.

Nahverkehr fährt elektrisch

Ein wichtiger Faktor ist der Nahverkehr. Miami hat einen Metromover, eine ferngesteuerte, elektrische Bahn auf Stelzen, die durch die Innenstadt fährt – auf vorgegebenen Linien, regelmäßig hin und her, umsonst für die Nutzer. Außerdem gibt es Busse und Trolleys, die Haltestellen bedienen, an denen die Busse nicht halten. Und Mietfahrräder. Kreditkarte in die solarbetriebene Station, Rad entnehmen, fertig. 6,50 Dollar (etwa 5,50 Euro) kostet das pro Stunde, 24 Dollar (etwa 20,30 Euro) pro Tag.

Anfangs hat man die Gründer des Gremiums um Colby Reese für verrückt erklärt. Es gab nicht mal Radwege in Miami und Miami Beach. Doch inzwischen sind fast 2000 Räder im Umlauf. „Wir haben dafür gesorgt, dass Miami zu einer radfahrerfreundlichen Stadt geworden ist“, sagt Reese. Vor einigen Jahren hat eine große Bank das Sponsoring für Räder und Stationen übernommen, seither sind die Räder blau, und ihre Zahl ist deutlich gewachsen.

Mit dem Fahrrad kann man vor allem zwei Problemen entgehen: den horrenden Parkgebühren für Autos und der Schwierigkeit, über die Brücke von Downtown Miami nach Miami Beach zu kommen. Mit dem Bus kann das dauern, und der Metromover fährt nur auf der Festland-Seite. In Miami werden außerdem alte Gebäude nachgerüstet, neue umweltfreundlich gebaut. So hat die riesige American Airlines Arena mitten in Downtown Miami ein mehr als 2000 Quadratmeter großes Vordach mit integrierten Solarkollektoren aufgestellt.

Das erst jüngst eröffnete Phillip and Patricia Frost Museum of Science hat schon bei der Architektur auf Nachhaltigkeit gesetzt: Der Wind, der vom Meer her weht, kann jederzeit durch die teils offenen Gebäude wehen. Vor dem Eingang stehen Solarbäume, über deren Panels die Sonnenenergie aufgefangen wird. Trevor Powers zeigt außerdem die Kollektoren auf dem flachen Dach. Der Mann ist einer der Chef-Ingenieure und kümmert sich um die Nachhaltigkeit der Einrichtung. Man erkläre den Besuchern auch, wie sie selbst Energie sparen können, sagt er.

Wasser kommt direkt aus der Bucht

Natürlich braucht das Museum, das sowohl Wissenschaftszentrum als auch Aquarium und ein kleiner Zoo ist, viel Wasser und Energie. Doch einiges wird selbst hergestellt. „Und das Wasser für die Aquarien bekommen wir direkt aus der Bucht vor unserer Nase“, sagt Powers. Im Keller gibt es große Filteranlagen dafür.

Auch das Brickell City Center (BCC) im Finanzdistrikt Miamis zeigt Architektur, die sich dem Klima angepasst hat. Ein Hotel, zwei Wohntürme mit Luxus-Apartments sowie eine Mall mit zahlreichen Restaurants sind dort entstanden, wo man früher zum Arbeiten hinkam und dann ohne Umwege wieder nach Hause fuhr.

Damit die Architektur der Türme ein unvergleichliches Gesicht bekommt, haben die Planer den Architekten Hugh Dutton damit beauftragt, die Gebäude durch ein sogenanntes Klimaband zu verbinden. Diese Schattierungen, die an eine liegende Jalousie erinnern, sorgen nicht nur dafür, dass keine direkte Sonneneinstrahlung auf die Geschäfte fällt. „Er hat es geschafft, die Brise vom Meer einzufangen und dafür zu sorgen, dass hier immer ein leichter Wind weht“, sagt Regina Lacayo, Sprecherin des Immobilienentwicklers Swire.

Angebunden ist das BCC unter anderem durch den Metromover, ebenso wie das Frost Science Center am anderen Ende der Linie. Und mit der Entwicklung der Gebäude und Verkaufsflächen ist noch nicht Schluss, sagt Lacayo. „Wir wollen, dass hier ein richtiger Stadtteil entsteht, in dem die Menschen gut und möglichst umweltfreundlich leben können.“ Darum ist hier jeden Samstag Markttag, ganz traditionell, unter den Stelzen der Bahn. Für nachhaltiges Einkaufen, farm-to-table – und das sogar in der Großstadt Miami. (dpa)

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