Durch Unwissen oder Leichtsinn landen in Thailand jährlich zahlreiche Touristen in der Klinik, im Knast oder im Sarg. Einheimischen ist das zunehmend ein Dorn im Auge. Der thailändische Premierminister will zudem den Ruf als Urlaubsziel für Sex-Touristen loswerden.
Ohne Helm aufs Motorrad, Suff und Randale auf Mondscheinpartys, ein schwaches Herz plus Hitze, ein Joint am Strand oder ein Bild mit dem König bekritzeln: Das sind gefährliche Urlaubersünden in Thailand. Mancher, der das cool findet oder nicht darüber nachdenkt, hat es später bereut.
„Einige Touristen geben wohl ihr Gehirn bei der Ankunft am Airport ab“, sagt Olivier Meyer. Der Schweizer praktiziert seit vielen Jahren in der Strand- und Vergnügungsstadt Pattaya und ist gefragt bei Thais und Patienten aus aller Welt. Er hat einiges erlebt und behandelt Urlauber mit Sonnenstich, Unfallverletzungen, Herzproblemen, schwerem Durchfall und Geschlechtskrankheiten.
Wer ohnehin mit Herzproblemen anreist, ungeschützt in der Sonne schmort, dazu Alkohol trinkt und womöglich noch eine „Lady“ ins Hotel und eine Pille zur Stimulanz nimmt, lebt besonders gefährlich. Das bestätigt auch der Arzt aus Genf. „Da sind auch Fälle für Notarzt und Klinik dabei.“ Und was sagt Doktor Meyer zum Thema Zweiräder? „Auf keinen Fall ein Motorrad mieten. Das ist viel zu gefährlich.“ Und doch sieht man unzählige motorisierte Backpacker im Land.
Zuletzt hatte Thailand verkündet, seinen Ruf als Urlaubsziel für Sex-Touristen loswerden zu wollen. Premierminister Prayut Chan-o-cha rief einem Bericht der „Bangkok Post“ vom Mittwoch zufolge dazu auf, Städte wie Pattaya und andere Urlaubsregionen zu „Orten des Qualitäts-Tourismus“ zu machen. Nach offiziellen Zahlen verdienen in dem südostasiatischen Land mehr als 120.000 Menschen ihr Geld im Geschäft mit Sex. Prayut, der seit einem Militärputsch vor bald vier Jahren an der Regierung ist, sagte: „Wir müssen ein Bewusstsein schaffen, dass das keine gute Beschäftigung ist. Macht das nicht!“
Der General reagierte damit auf Äußerungen von Gambias Tourismusminister Hamat Bah, die in Thailand Empörung ausgelöst hatten. Der Minister hatte sein westafrikanisches Heimatland mit den Worten verteidigt: „Wir sind kein Ziel von Sex-Touristen. Wenn ihr ein Sex-Ziel haben wollt, fahrt nach Thailand.“ In dem mehrheitlichen buddhistischen Königreich ist Prostitution offiziell verboten. Die Gesetze werden aber nur sehr lax umgesetzt.
Ein weiteres Problem: Zweiräder. „Auf keinen Fall ein Motorrad mieten. Das ist viel zu gefährlich“, so der Arzt Olivier Meyer. Und doch sieht man unzählige motorisierte Backpacker im Land. In der „Mike Shopping Mall“ in Pattaya werden Urlauber mit Billigimitaten von Designerklamotten und Edeluhren gelockt. Wer damit Koffer und Taschen füllt, kann Ärger beim Zoll bekommen, nicht nur in EU-Ländern. Auf dem nächsten Kilometer vor der Bar- und Discozone „Walking Street“ schlagen die Herzen vieler Motorradfans höher.
Dutzende Maschinen mit 100 bis 1000 Kubik glitzern in der Sonne. Mopeds gibt es umgerechnet ab sechs bis sieben Euro pro Tag, schwere „heiße Öfen“ ab 30 Euro. Das Angebot ist billig, aber – was nicht alle Kunden wissen – ohne Versicherungsschutz. Den gibt es in der Regel nicht, einen Helm schon. Aber den setzen etliche Fahrer nicht auf. Nach einem Motorradführerschein fragen viele Vermieter nicht.
Verursacht ein Ausländer einen Crash, kann es sehr teuer werden, besonders wenn Thais zu den Opfern zählen. Das schlimmste Szenario: Kein Versicherungsschutz, kein Geld, aber hohe Kosten und ein möglicher Prozess. Die Deutsche Botschaft in Bangkok und die anderer Staaten verschenken nichts – weder Ausgaben für Gericht, Behandlung, Schmerzensgeld für Opfer oder Heimflüge.
Patrick Lim, Unternehmer mit britisch-chinesischen Wurzeln, und seine thailändische Ehefrau sind enttäuscht, dass so viele Touristen nicht die Sitten der Einheimischen respektieren und ins Fettnäpfchen treten. „Viele haben leider keinen Anstand, betreten spärlich gekleidet einen Buddha-Tempel, unterhalten sich dort laut“, sagt der Geschäftsmann in Pattaya unweit des Wat Chai Mongkon.
Ein Schild vor dem Tempel, an dem ein großes Bild des 2016 verstorbenen Königs Bhumibol hängt, warnt Urlauber: „No selfies“. Ein asiatischer Tourist guckt sich um, stellt sich auf, zückt sein Handy und macht ein Foto. Das kann Ärger geben. Sogar Haft droht dem, der das Ansehen des Königs beschmutzt, auf einen Geldschein mit dessen Antlitz tritt oder Bilder mit ihm bekritzelt oder übermalt.
Am Chaweng Beach auf Ko Samui sitzen und liegen Urlauber behaglich auf großen Kissen und gepolsterten Liegen am Wasser. Sie stoßen mit Cocktails und Bier an. Bar reiht sich an Bar. Überall dröhnt laute Discomusik. Ein Joint kreist in einer Partyrunde. Ein großes weiß-rotes Schild warnt: „Narcotis are illegal in Thailand“ (Betäubungsmittel sind illegal in Thailand). Darunter der Hinweis auf Gefängnisstrafen.
Ein junges Paar aus Madrid kauft sich im Zentrum von Chaweng Bootstickets zur nächsten berühmt-berüchtigten Vollmondparty auf der nahen Insel Phangan. Diese Partys sind nicht ungefährlich. Denn zahlreiche der bis zu 30.000 Gäste – viele aus Deutschland, Großbritannien, USA und Australien – feiern völlig hemmungslos. Das Auswärtige Amt (AA) berichtet von Todesfällen und Vergewaltigungen durch Partyteilnehmer unter Drogen- und Alkoholeinfluss. (dpa)
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