Landschaftsrouten

Norwegen verschönert 18 Straßen für halbe Milliarde Euro

Harald Christian Eiken, Video & Multimediaproduksjon
Ein Rastplatz als Betonskulptur: Selvika entlang der 67 km langen Havøysund-Route.
Ein Rastplatz als Betonskulptur: Selvika entlang der 67 km langen Havøysund-Route.

Schneewände, Haarnadelkurven, Moor- und Mondlandschaften, Endstation Eismeer: Norwegens Panoramastraßen erschließen das Land für Individualurlauber und machen seine Natur durch spektakuläre Architektur leichter erlebbar – Design-Klos inklusive.

Anhalten, aussteigen, rasten und staunen. Norwegens 18 offizielle Landschaftsrouten sind eine Sehenswürdkeit für sich – und ein beispielloses Infrastrukturprojekt aus Straßenbau und Tourismus. Sie verbinden Fahrerlebnisse in der von Fjorden, Gebirgen und Wasserfällen geprägten Natur mit dramatischen Aussichtspunkten, Kunst, Design und Aktivitäten am Wegesrand. "Norwegens Touristenstraßen bündeln die Hot Spots, sodass innerhalb kürzester Zeit vielfältige Eindrücke möglich sind. Diese spektakuläre Natur "hinter dem Lenkrad" zu erleben, ist für viele Gäste ein unvergessliches Abenteuer", sagt Andre Ricken, Geschäftsführer vom Norwegen-Spezialisten Troll Tours.

Road Trips in Norwegen: Erlebnis aus Natur, Architektur, Design und Kunst


Kombination aus Straßenbau und Tourismus


Seit 1994 investiert Norwegen enorme Summen in seine schönsten Straßen. Bis 2023 soll das staatliche Mega-Infrastrukturprojekt mit rund 200 Rastplätzen und Aussichtspunkten abgeschlossen sein. Bis 2029, so der Plan, wird das Land durch weitere Maßnahmen insgesamt 460 Mio. Euro in die Sehenswürdigkeit gepumpt haben.
Sturmerlebnisse auf der Atlanterhavsvegen

Sie gilt als "Bauwerk des 20. Jahrhunderts": Die nur 36 Kilometer lange Straße verknüpft die Schärenwelt zwischen Molde und Kristiansund und schlängelt sich über sieben Brücken direkt durchs offene Meer. Während bei Sonnenschein die glatte See zum Tagträumen anregt und man von den zwei eigens eingerichteten Anglerbrücken sogar Seehunde erspähen kann, peitschen im Spätherbst oft meterhohe Brecher über die Fahrbahn.


"In Norwegen führen Straßen an die abgelegensten Orte", sagt Peter Ritzler, Sprecher der Straßenbaubehörde Statens Vegvesen. Durch die "Nasjonale turistveger" sollen auch Touristen diese abgeschiedenen Seiten des Landes erkunden können. Zugleich erhoffe man sich laut Ritzler, dass "durch mehr Reisende auf den Landschaftsrouten Leben in abgelegene Landstriche kommt".

Nur gut, dass erdgebundene Auto- und Wohnmobilreisen voll den Zeitgeist treffen. Viele Veranstalter haben längst eine oder mehrere Teilstrecken der zwischen 27 und 416 km langen und durchgehend beschilderten Panoramastraßen im Programm. Sie beobachten, dass die Zielgruppe, die sich für die mobile, flexible und unabhängige Urlaubsform entscheiden, immer größer und breiter wird.

Adrenalinrausch auf der Geiranger-Trollstigen

Der 1936 gebaute Trollstigen in Andalsnes ist eine architektonische Meisterleistung. Über elf steile Haarnadelkurven schlängelt sich der in Fels geschlagene Bergpass hinauf bis zum Kamm – ganz oben auf 852 m Höhe lädt eine Plattform dazu ein, sich das Spektakel von oben aus anzuschauen. Ein weiteres Highlight der 106 Kilometer langen Route wartet in Gubrandsjuvet: Dort führt eine Brücke mit durchsichtigem Boden über die schmale Schlucht.


Laut Ritzler sei der "typische Tourist ein deutsches Ehepaar im Alter 50+ oder eine Familie aus den Niederlanden, die mit dem Wohnmobil nach Norwegen reist, um die Fjorde, Berge und die einzigartige Natur zu erleben." Weitere Zielgruppe seien Motorrad-Touristen, Aktive und Architekturliebhaber.

Kunst und Architektur am Straßenrand


Ein Hauptaugenmerk beim Auf- und Ausbau der touristischen Infrastruktur wird dabei auf Architektur und Kunst gelegt. "Wir wollten unseren 18 Nationalen Touristenstraßen einen ganz eigenen Dreh geben – durch innovative Architektur entlang der Strecken", sagt Projektleiter Jan Andresen. "Sie soll das Naturerlebnis sozusagen veredeln und gleichzeitig in sich selbst einen Besuch wert sein."
Lichtblicke unter Tage auf der Aurlandstraße

Für viele ist ein Tunnel die Krönung der Aurlandstraße – und das obwohl auf der 47 Kilometer langen Strecke das Unesco-Weltnaturerbe Nærøyfjord, Lachsflüsse und die Stegasteins-Aussichtsplattform, die wie eine Sprungschanze vom Straßenrand aus 35 Meter ins Freie hinausragt, liegen. Mit fast 25 km Länge ist der Lærdatunnel die weltweit längste Straßenunterführung, dazu fasziniert er mit einem Lichtkonzept, dass die Fahrer auf der 20-minütigen Passage hellwach bleiben lässt.


Um die Natur erreichbarer und somit erfahrbarer zu machen, wurden überwiegend junge Architekten, Landschaftsarchitekten, Designer und Künstler engagiert. Sie gestalten Aussichtsplattformen in exponierter Lage, Rastplätze, Informationszentren und Kunstwerke.

Der deutsche Architektur-Fotograf Ken Schluchtmann hält das für einen "Geniestreich. Mit den Landschaftsrouten hat Norwegen flächendeckend eine Kombination aus Natur und Design geschaffen, die weltweit einzigartig ist."

„Mit den Landschaftsrouten hat Norwegen flächendeckend eine Kombination aus Natur und Design geschaffen, die weltweit einzigartig ist.“
Ken Schluchtman, Architektur-Fotograf

Wo Profanes zur Augenweide wird

Selbst so profane öffentliche Einrichtungen wie Rastplätze oder Toiletten sind oftmals auch Kunstwerk zugleich – und Paradebeispiele nicht nur für das ausgeprägte und konsequente Design-Bewusstsein der Norweger, sondern auch für das außerordentliche finanzielle Engagement, mit der das ölreiche Land sein Architekturförderprogrammen entlang der Wegstrecken vorantreibt.
Auf der Sognefjellstraße über das "Dach Norwegens"

Wer gern Höhenluft schnuppert, sollte nicht die 108 Kilometer lange Sognefjellstraße verpassen, den höchsten Bergübergang Nordeuropas. Die oft nur einspurige Route über das "Dach Norwegens" windet sich entlang des Jotunheimen-Gebirges an Bergbauernhöfen, blau schimmernden Gletschern, zackigen Gipfeln und smaragdgrünen Bergseen vorbei. Keine Seltenheit sind meterhohe Schneewände links und rechts der Strecke – selbst im Sommer. 


Wo auf deutschen Raststätten der Gang auf die Toilette oft gefürchtet wird, sind viele Klohäuser auf Norwegens Touristenstraßen dagegen allein einen Besuch wert. Ein paar Beispiele: Hoch im Norden am Rastplatz in Ersfjordstranda entlang der Senja-Route steht direkt am Strand eine Toilette aus vergoldeten Aluminium-Schindeln mit Außendusche. Am Rastplatz Ostasteidn am Sandsfjord an der Ryfylke-Straße erinnert das moosbewachsene WC aus Beton an einen dreizackigen Bergkristall. Der Rastplatz an der Havøysund-Strecke ähnelt einer verschnörkelten Betonskulptur hinter deren Wänden sich eine Toilette, ein Fahrradunterstand und zwei teils überdachte Grillplätze in unmittelbarer Strandnähe befinden.
Polizeieinsätze auf der Ryfylke-Route

Ein Geheimtipp ist die 183 Kilometer lange Strecke Ryfylke zwischen dem Lysefjord und der Hochebene Hardangervidda. Mit etwas Glück kann man in Sauda ein lustiges Schauspiel erleben: Nicht selten stürzen die Wassermassen des Svandalsfossen-Wasserfalls mit solcher Wucht herunter, dass die Polizei Auto für Auto durch die Wasserwolke auf der Straße hindurchleitet. In Allmannajuvet entwarf der Stararchitekt Peter Zumthor bei den stillgelegten Zinkgruben eine Erinnerungsstätte inklusive Café, Galerie und Rast- und Parkplatz. Der historische Grubenweg oberhalb des Flusses Storelva hinauf zum Stolleneingang ist begehbar.

"Schönste öffentliche Toilette der Welt"

Zur Eröffnung der Toilette auf dem Rastplatz Ureddplassen entlang der 433 km langen Helgelandskysten-Küstenstraße titelte The Telegraph aus London gar: "Norwegen hat gerade die schönste öffentliche Toilette der Welt eröffnet." Sein Geschäft im wellenförmigen Gebäude mit weiß-rosa Marmorbänken davor zu verrichten gleicht einem Erlebnis, schaut man vom Klo aus doch durch eine Glaswand auf die Bucht und den Atlantik. So fühlt sich der Urlauber nicht als Fremdkörper, sondern als ein Teil der Natur. Selbst auf dem Klo.

3 Kommentare Kommentieren

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3.
Jörg Pankotsch
Erstellt 15. Februar 2020 08:55 | Permanent-Link

https://www.trolltours.de/auto-motorradrundreisen-norwegen/autorundreise-panoramastrassen-norwegens.html?fbclid=IwAR2gsX-jgPD6-nDOmK0mjqw0hhQqfp66Lkp8rOL1lP5DXqpAXhJcdAoQP6I

2.
John A davis
Erstellt 12. Februar 2020 15:04 | Permanent-Link

Sognefjellsvegen ist doch absindig schønn,eigentlich einer spaziergang an 1390 meter uber Mehr kan ich nur emphelen

1.
John A Davis
Erstellt 12. Februar 2020 15:01 | Permanent-Link

Lekker !!

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