Corona-Pass & Co

So kompliziert war Einreisen noch nie

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Welche Unterlagen sind für die Einreise ins Gastland künftig nötig? Gehören Gesundheitsbescheide dazu?
Welche Unterlagen sind für die Einreise ins Gastland künftig nötig? Gehören Gesundheitsbescheide dazu?

Immunitätsausweis, ärztliches Zeugnis, Schnelltest – jedes Land könnte an die Einreise-Erlaubnis künftig andere Anforderungen stellen. Vor allem Geschäftsreisen werden extrem kompliziert.

Von einem "Bürokratiemonster" ist die Rede: Die sogenannte A1-Bescheinigung sorgt bei Firmenkunden seit eineinhalb Jahren für massive Proteste.

Ausgerechnet Corona lässt diese Bestätigung über abgeführte Krankenversicherungsbeiträge fast als harmlos erscheinen. Denn die Vorschriften, die im Zuge der "neuen Normalität" auf den Geschäftsreiseverkehr zukommen, sind weitaus umfassender: Angesichts unterschiedlichster Gesundheitszeugnisse, welche die Länder für Einreisen planen, dürfte die Vorbereitung einer Geschäftsreise komplexer werden als je zuvor.

Dabei sorgen bei Firmenkunden und in Reisebüros nicht nur die neuen Reisebestimmungen für zusätzlichen Aufwand. In der Geschäftsreise stellen sich zusätzliche Fragen: Wie lassen sich die neuen Erfordernisse in die bestehenden digitalen Prozesse einbauen? Welche Rolle spielen Schnittstellen? Und wie gehen die Unzternehmen mit Haftung und Kosten um, wenn Reisende etwa wegen einer Ansteckung im Ausland die geplante Rückreise nicht antreten können?

"Wenn jetzt jeder Staat seine eigenen Einreiseformalitäten festlegt, dann ist das Chaos perfekt", sagt Christoph Carnier, Präsident des Verbands Deutsches Reisemanagement (VDR). Er appelliert daher an die EU, zumindest für die Mitgliedstaaten "klare und einheitliche Regeln festzulegen". Das Problem bei weltweiten Geschäftsreisen wäre aber auch damit nicht gelöst.

"Da es sich bei Corona um ein globales Phänomen handelt, ist international mit langfristigen und gegenüber Europa zeitverzögerten Änderungen bei den Einreisen zu rechnen", warnt Alexander Langhans, Chef des Dienstleisters Visumpoint: "Daher ist es künftig besonders wichtig, sich für jedes Land separat über die Einreiseformalitäten zu informieren."

Die Pläne im Detail:

IMMUNITÄTSAUSWEIS

Etliche Länder planen ein solches Zertifikat, das Voraussetzung für eine quarantänefreie Einreise sein soll. Unklar ist bislang, welche der etwa 60 existierenden Tests als zuverlässig anerkannt werden. Auch steht bislang gar nicht fest, ob das Vorhandensein von Antikörpern überhaupt genügend Schutz vor einer erneuten Infektion bietet. In Südkorea etwa ist bei vielen "Immunen" die Krankheit inzwischen ein zweites Mal ausgebrochen.

NEGATIVBESCHEID

Über ein solches Papier diskutiert die EU: Es soll bescheinigen, dass Passagiere coronanegativ sind und daher einreisen dürfen. Dennoch lässt ein Negativbescheid wichtige Fragen offen: Wurde der Test nicht unmittelbar vor Abflug vorgenommen, kann es in der Zwischenzeit zu einer Infektion gekommen sein? Und was geschieht, wenn vor dem Rückflug die Wahrscheinlichkeit einer Corona-Infektion ermittelt wird – trotz aller Verpflichtungen der Destinationen zu Abstandsregeln?
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SCHNELLTEST


Island beispielsweise will Einreisende noch am Flughafen auf Corona testen (per 15. Juni), und auch die Türkei plant eine solche Kontrolle. Nur wenn sie negativ ausfällt, wird dem Reisenden eine 14-tägige Quarantäne erspart. Andere Staaten wie China messen Fieber – bei längeren Flügen sogar mehrfach. Das gilt allerdings auch für die Rückreise. Ist die Temperatur zu hoch, könnte die Ausreise verweigert werden. Doch wer haftet dann? Wer trägt die Quarantänekosten? Thailand forderte daher bereits einen Versicherungsnachweis über mindestens 100.000 US-Dollar.

ERSCHWERTE VISA

Länder mit bestehender oder durch Corona neu eingeführter Visumpflicht könnten Visa auf bestimmte Reisegründe beschränken. Für Reparaturen oder Wartungen etwa gibt es ein solches Papier, nicht aber für Kundengespräche. "Entsprechend muss die Dringlichkeit aus dem Einladungsschreiben des Geschäftspartners hervorgehen", erläutert Visumpoint-Chef Langhans. "Unter Umständen muss der Partner vor Ort vorab eine Genehmigung bei lokalen Behörden beantragen."

IMPFZEUGNIS

Der Nachweis, gegen Corona geimpft zu sein, stellt die einfachste und effektivste Lösung dar: Reisen darf nur, wer sich die Spritze hat setzen lassen. Vorbild könnte der von der WHO entwickelte Gelbfieber-Impfpass sein. Doch noch kann niemand sagen, wann wirklich ein Impfstoff gegen Corona entwickelt sein wird.

Auch werden die Firmen beim Thema Datenschutz neu nachdenken müssen. Da Staaten die Kontaktketten der Reisenden lückenlos zurückverfolgen wollen, "ist zu erwarten, dass sie die Implementierung bestimmter Apps fordern werden", sagt Julius Heintz, Chef des Visadienstleisters DVKG: "Die jeweilige Regierung reist also mit." Firmen, die Daten schützen wollen, werden Beschäftigte dann mit mehreren Endgeräten ausstatten und nicht jedes Handy für jedes Land zulassen.



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