Australien empfängt endlich wieder internationale Besucher. Welche Bedeutung das für deutsche Gäste hat und wie Australien den Tourismus ankurbeln möchte, erzählt Eva Seller, bei Tourism Australia für Zentraleuropa zuständig, im Interview.
Fast zwei Jahre lang blieben die australischen Grenzen dicht. Damit ist nun Schluss. Seit dem heutigen 21. Februar dürfen internationale Besucher wieder einreisen – mit Ausnahme von Westaustralien. Welche Bedeutung das für deutsche Gäste hat und wie Australien den Tourismus ankurbeln möchte, erklärt Eva Seller, bei Tourism Australia für Zentraleuropa zuständig, im Interview.
Frau Seller, fast zwei Jahre waren Australiens Grenzen wegen der Pandemie geschlossen. Nun kommt doch die Öffnung. War das für Sie überraschend?
Eva Seller: Ja, die Ankündigung kam für uns nun auch überraschend, war aber heiß ersehnt. Im Juli 2021 hatte die Regierung einen Vier-Stufen-Plan veröffentlicht, der eine Öffnung an bestimmte Impfzielen koppelte, und ist dem Plan konsequent gefolgt. Mindestens 80 Prozent der Bevölkerung mussten danach für erste Öffnungsschritte vollständig geimpft sein. Die Impfkampagne lief zunächst auch in Australien langsam an. Es fehlte auch am Impfstoff. Inzwischen hat Australien mit einer Impfrate von 94 Prozent Europa überholt und kann endlich internationale Touristen willkommen heißen.
Ausnahme sind sicher die jungen Reisenden, die Working Holidays buchen. Hier gibt es schon jetzt einen deutlichen Anstieg, da für sie seit Dezember eine erleichterte Einreise gilt und wir zudem bis 19. April 2022 ein Incentive anbieten. Wer bis dahin in Australien mit einem Working Holiday Visum eingereist ist, bekommt die Visagebühren von immerhin 495 australischen Dollar (umgerechnet etwa 310 Euro) erstattet. Innerhalb von sechs Wochen wurden 23.000 Visa weltweit ausgestellt. Die jungen Working-Holiday-Besucher werden in Australien auch sehnsüchtig erwartet.
Die Voraussetzung ist eine vollständige Impfung. Vor der Abreise ist ein Schnelltest, bescheinigt von einer offiziellen Teststelle, der nicht älter als 24 Stunden sein darf, oder ein bis zu 72 Stunden alter PCR-Test nötig. Zudem muss eine elektronische Einreiseanmeldung ausgefüllt werden.
Es ist auf jeden Fall ratsam, zu prüfen, was auch die jeweilige Airline fordert. So gibt es Fluggesellschaften, die ausschließlich einen PCR-Test verlangen. Auch die einzelnen Territorien stellen ihre eigenen Regeln für die Einreise auf.
Tourism Australia rät Reisenden, sich vorab eingehend über die aktuellen Einreiseformalitäten zu informieren, am besten auf den offiziellen Seiten der australischen Regierung: Travelling to Australia. Die digitale Reiseanmeldung kann hier abgerufen werden: Digital Passenger Declaration | Covid-19 and the border (homeaffairs.gov.au). Die Webseiten der einzelnen Bundesstaaten sind unter States (australia.gov.au) abrufbar.
Gehen Sie davon aus, dass die deutschen Urlauber die üblichen Klassiker buchen?
Ich denke, an erster Stelle stehen nach wie vor Sydney, das rote Zentrum, das Great Barrier Reef oder auch eine Ostküstentour. Aber auch Melbourne, die Great Ocean Road und Kangaroo Island haben einen guten Zulauf. Ich könnte mir vorstellen, dass auch die Nachfrage nach Tasmanien sehr steigen wird.
Der ursprüngliche Termin der Grenzöffnung wurde wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante verschoben. Aufgrund der hohen Impfbereitschaft wird voraussichtlich bis zur Wiedereröffnung 70 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren dreifach geimpft sein, darunter 90 Prozent der über 70-Jährigen.
Die vollständige Öffnung der Grenzen ermöglicht die Einreise nach Westaustralien sowohl aus anderen Bundesstaaten als auch aus dem Ausland.
Wie hoch sind die entstandenen Schäden aufgrund der Pandemie und der Abschottung in Australien? Sind viele Anbieter vom Markt verschwunden?
Es gibt einige Arbeitskräfte, die in andere Branchen abgewandert sind. Das betrifft vor allem fremdsprachige Freelancer, wie etwa Tour Guides für Reisende aus Italien oder französischsprachige Driver-Guides. Es gibt aber Bemühungen in Australien, diese Arbeitskräfte wieder zu aktivieren. Was die Incoming-Agenturen für den deutschen Markt betrifft, sind diese nach wie vor personell gut bestückt. Andere Agenturen, deren Geschäft hauptsächlich mit internationalen Reisenden zu tun und keinen Weg gefunden hatten, dieses mit dem inneraustralischen Markt auszugleichen, hat es schon hart getroffen, ja.
Welche Herausforderungen gilt es jetzt zu meistern? Wie will Australien den Verlust im Tourismus nach der Abschottung wettmachen?
Das Gute ist, dass der Markt nicht komplett zum Erliegen gekommen ist. Es gab ja immer noch den inneraustralischen Markt. Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich der Tourismus wieder gut erholen wird. Auch die Fluggesellschaften haben ihre Kapazitäten enorm hochgefahren. Die größte Herausforderung ist, unsere Message an die Kunden zu bringen. Es tut sich ja auch bei anderen Reisezielen viel.
Wie gehen Sie da vor?
Wir werden Ende April zusammen mit den australischen Bundesstaaten auf Roadshow gehen. Es wird auch mit einigen Partnern einzelne Kampagnen geben, wie etwa eine Airline-Kampagne und die Wiedereröffnungskampagne "Don't go small, go Australia", an deren deutschsprachiger Umsetzung wir aktuell arbeiten. Wir freuen uns außerdem sehr auf die nächste Präsenzveranstaltung, die ATE (Australian Tourism Exchange) vom 15. bis 18. Mai 2022. Das wird sicher ein emotionales Wiedersehen. Das ist auch für mich die erste Reise nach Australien seit Corona.
Gibt es da neue Produkte?
Ja, es gibt zum Beispiel eine neue Variante des Bridge Climbs (Aufstieg an der Hafenbrücke) in Sydney, den Burrawa Climb by Bridge Climb. Ein örtlicher Aboriginal Tour Guide erzählt auf den Touren, was das Stadtgebiet für ihn und sein Volk bedeutet. Dadurch bekommen die Teilnehmer eine ganz andere Perspektive. Oder Gay'Wu, die Dilly Bag Women's Tour. Da übernehmen Frauen aus dem Arnhem-Land die Führungen durch das Gebiet. Das kann bedeuten, dass man zusammen web, kocht oder auch etwas über die Bush-Medizin erfährt. Ein weiteres Beispiel sind Stand-Up-Paddling Touren in Coffs Harbour, die Wajaana Yaam Adventure Tours. Die ersten Bewohner Australiens haben Stand-Up-Paddling seit jeher praktiziert, es nur nicht so genannt. Sie erzählen in den Touren, was die Wasserwege für die australischen Ureinwohner bedeuten. Gerade für die deutschen Reisenden sind das interessante Angebote.
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