Teilzeitarbeit bei kleinen Unternehmen stellt Chefs und Mitarbeiter vor Herausforderungen. Das betrifft auch mittelständische Veranstalter, die teilweise ganz eigene Lösungen gefunden haben.
Seit Jahren steigt der Anteil der Teilzeitquote bei Beschäftigten massiv. 2017 arbeiteten 46 Prozent der Frauen und elf Prozent der Männer in Teilzeit. Zur Erklärung des steigenden Anteils bei den Frauen heißt es beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI): „Teilzeit hat vor allem bei Frauen aus Paarhaushalten zugenommen. Bis Ende der 90er-Jahre war das so genannte Modell des männlichen Alleinverdieners vorherrschend. Seit Beginn des Jahrhunderts überwiegt aber immer deutlicher ein Modell, bei dem die Frauen dazuverdienen – und zwar in Teilzeit.“
Gerade mittelständischen Unternehmen fordert diese Entwicklung eine enorme Flexibilität ab. Gerade touristische Betriebe stoßen aufgrund ihrer Kundennähe und der hohen internen Vernetzung an ihre Grenzen.
„Unsere Strategie ist es immer gewesen, in Vollzeit einzustellen“, sagt Markus Hegemann, Gründer von Neue Wege Reisen bei Euskirchen. „Für die Rückkehrerinnen aus der Elternzeit schauen wir aber sehr individuell, wie wir über einen zunächst flexiblen Wiedereinstieg langfristig Vollzeit ermöglichen können.“ Wegen der Nähe zum Kunden wünscht er sich eine möglichst hohe Erreichbarkeit. „Jeden Tag, den wir den Kunden allein lassen, verlieren wir womöglich Geschäft.“
Der Veranstalter hat eine ausgesprochen geringe Teilzeitquote. 29 Mitarbeiterinnen arbeiten hier, fünf haben betreuungsbedürftige Kinder. Zwei Mütter sind in Elternzeit, eine Mutter arbeitet in Teilzeit und zwei Mütter sind nach der Elternzeit wieder in Vollzeit zurückgekommen. So kommt Geschäftsführer Markus Hegemann bei einer Firmenstärke von 32 Personen auf genau 29,5 Vollzeitstellen.
Um sicherzustellen, dass alle Aufgabenbereiche besetzt sind, bildet Hegemann in den Verkaufsabteilungen einige Mitarbeiterinnen jeweils für zwei Teams aus. Diese so genannten Allrounderinnen springen dann vor allem bei plötzlichen Ausfällen ein, etwa wenn eine Kollegin ihr krankes Kind betreuen muss.
Auch beim Reisebüro Fahrenkrog zeigt man sich flexibel – sowohl die Chefs als auch die Arbeitnehmerinnen selbst. „Wir haben mit den Filialen in Kronshagen und Heikendorf bei Kiel und am Timmendorfer Strand zwar Filialen im so genannten ländlichen Umfeld, die mit drei bis vier Mitarbeitern besetzt sind“, erklärt Jörg Weißgräber, Geschäftsführer von Fahrenkrog, „aber alle sind so nah an den größeren Filialen, dass wir Besetzungsprobleme schnell abfedern können. Und wir haben bislang nie ein Problem gehabt, für eine befristet freie Stelle in einer kleinen Filiale jemanden aus den großen Filialen zu finden, der dort gern hingeht.“
Aber auch Weißgräber erfährt Einschränkungen: „Wenn Mitarbeiter/-innen an ihre Belastungsgrenze stoßen, sind wir schnell mit Optionen zur Hand, die einer Entschärfung der Situation dienen sollen. Das geht von ‚unbezahltem Urlaub’ über eine unkomplizierte Stundenreduktion – mit Rückkehrrecht auf die alte Stundenzahl – bis hin zu Homeworking, wo dies denn darstellbar ist. Wir können auf die Erfahrung, das Wissen und die Freude am Job bei unseren ‚Muttis und Papis’ nicht verzichten.“
Die Möglichkeit des Home Office hat Wolfgang Sareiter verworfen. Der Geschäftsführer von Feuer und Eis Touristik erklärt: „Home-Office funktioniert für uns nicht. Dazu ist jeder einzelne zu spezialisiert. Die Kommunikation im Team muss sichergestellt sein.“
Dabei ist er erst seit circa vier Jahren wieder mit dem Thema Teilzeit konfrontiert. Derzeit arbeiten bei dem Veranstalter in Rottach-Egern 24 Mitarbeiter, sechs offene Stellen gibt es. „Drei unserer Mitarbeiter sind in Teilzeit“, erklärt Sareiter. Zwei haben betreuungsbedürftige Kinder, kommen aber jeden Tag ins Büro, für vier beziehungsweise sechs Stunden. Eine Mitarbeiterin kommt an drei Tagen ganztägig und engagiert sich an den anderen Tagen sozial.
Ansonsten zeigt sich Sareiter flexibel, was die Organisation der Mitarbeiter angeht. „Das Telefon muss vernünftig besetzt bleiben“, so der Geschäftsführer. Vor allem in der Saison von Juni bis September – Feuer und Eis ist spezialisiert auf Alpen-Überquerungen – müssen auch an den Wochenenden Mitarbeiter von 8 bis 18 Uhr erreichbar sein.
Doch nicht immer reicht Flexibilität, wie das Beispiel Hauser Exkursionen zeigt. Mit viel Enthusiasmus begegnete Ovid Jacota dem Thema Teilzeit. „Als ich vor gut drei Jahren als Geschäftsführer bei Hauser startete, lag die Teilzeitquote bei 65 Prozent“, erinnert er sich. Doch es stellte sich heraus, dass die Effizienz des Veranstalters darunter leidet. „In manchen Bereichen klappt Teilzeit sehr gut. In anderen, stark vernetzten Bereichen wie dem Produktmanagement oder den Operations leider nicht“, analysiert er. Abwicklungen in diesen Abteilungen ziehen sich über einige Tage. Wenn dann Mitarbeiter nicht erreichbar sind oder keine Übergabe machen können, wird der gesamte Vorgang aufgehalten.
Jacota hat ein ein neues Modell eingeführt: Jede Abteilung muss gleichzeitig mit mindestens zwei Personen besetzt sein. Dadurch können dann die Mitglieder des Teams ihre Arbeitszeit flexibel umsetzen, also beispielsweise außerhalb der Kernarbeitszeit oder im Home Office. „Die Regel wird gut angenommen und ist effizient“, urteilt Jacota. Wichtig sei aber, dass die Teamleiter die Umsetzung organisieren und kontrollieren.
Mittlerweile ist die Teilzeitquote bei Hauser auf etwas unter 50 Prozent gesunken. „Ich stelle fest, dass nun Arbeitsprozesse besser funktionieren“, so der Geschäftsführer von Hauser. „Das bestätigt meine Theorie, dass eine zu hohe Teilzeitquote für einen Reiseveranstalter unserer Größe nicht funktioniert.“ Jacota hat im Dezember eine Unternehmensberaterin engagiert, die die Arbeitsprozesse des Veranstalters durchleuchtet, um auf dieser Ebene eine Optimierung zu erreichen. Jetzt im E-Paper lesen!
Sie müssen sich einloggen oder registrieren, um kommentieren zu können.