Seit dem Ausbruch der Pandemie ist in zahlreichen Firmen Homeoffice statt Büro angesagt. Große und kleine Touristikunternehmen setzen auch in Zukunft auf mehr mobile Arbeit.
Die neue Pflicht zum Homeoffice lässt Björn Viergutz kalt. "Seit Beginn der Pandemie kann jeder bei uns sowieso von zu Hause arbeiten", sagt der Gründer von Juvigo, einer Plattform für Jugendreisen.
Sämtliche Mitarbeiter konnten ihre komplette Ausstattung mitnehmen – Laptops, Monitore, Headsets. "Einigen haben wir auch noch ihren Bürostuhl vorbeigebracht."
Vor der Krise war Homeoffice für ihn noch kein großes Thema. "Ich muss zugeben, dass ich hier eher eine konservative Einstellung hatte." Er bevorzuge den Job im Büro, die persönliche Kommunikation.
Heute zieht er eine positive Bilanz: "Es klappt wirklich gut! Durch die Krise habe ich gelernt, noch mehr Verantwortung abzugeben und wirklich auf meine Mitarbeiter zu vertrauen."
Gerade hat das Arbeitsministerium eine Pflicht für Arbeitgeber eingeführt, wann immer möglich mobiles Arbeiten anzubieten. Mit jedem Prozent mehr Homeoffice-Beschäftigten sinkt die Corona-Infektionsrate um vier bis acht Prozent, errechnete die Universität Mannheim.
In der Touristik rennt das Ministerium mit der neuen Verordnung offene Türen ein. Kolleginnen und Kollegen sind sowieso in Kurzarbeit, in Büros herrscht gähnende Leere. So arbeiten aus der Zentrale des TUI-Konzerns oder Autovermieters Sixt rund 90 Prozent der Beschäftigten von zu Hause aus.
Beschäftigte schätzen die Arbeit im Homeoffice als produktiver ein und sind mit den Ergebnissen zufriedener, so eine Bitkom-Umfrage. 80 Prozent empfinden weniger Stress, da der Arbeitsweg entfällt. Weitere Pluspunkte sind die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und mehr zeitliche Flexibilität.
Zu den Schattenseiten zählen dagegen der fehlende Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen, eine schlechtere Ausstattung, längere Arbeitszeiten als im Büro, mangelnde Unterstützung durch Führungskräfte und die schwierige Abgrenzung zwischen Beruf und Privatem, vor allem wenn am Küchentisch parallel Homeschooling gemanagt werden muss und Kleinkinder betreut werden müssen.
Um den Draht nicht zu verlieren, telefoniere er viel mit seinem Team. "Unsere Kommunikation funktioniert schneller und direkter", findet er. Jeder kenne seine Aufgaben und übernehme mehr und mehr Verantwortung.
"Im Homeoffice sind offene Gespräche und Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter besonders wichtig, damit sich Missstände gar nicht erst einschleifen", sagt Expertin Teresa Hertwig. Sie rät Unternehmen, die Situation als enorme Chance zu begreifen, ihre eigene Kultur zu hinterfragen und neue Arbeitsformen zu lernen.
Die entscheidende Rolle spielen Führungskräfte. Es sei "extrem wichtig", dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richtig wahrgenommen fühlen. Doch viele Chefs stecken von morgens bis abends in Video-Calls.
"Extreme Zeitfresser", sagt Expertin Hertwig. Stattdessen sollten sie die Zeit nutzen, um regelmäßig mit jedem zu sprechen – nicht nur über die Arbeit.
Allein unter der deutschen TUI-Belegschaft möchten 66 Prozent nach der Pandemie gern "öfter" von zu Hause arbeiten. "Die Zukunft der Arbeit wird hybrid sein – mit einem Mix aus Büroarbeit und mobilem Arbeiten," sagt TUI- Personalvorständin Elke Eller.
Daran glaubt auch Juvigo-Chef Viergutz: "Schön finde ich, wenn jeder an mindestens einem Tag der Woche im Büro ist."
Auch Sixt rechnet in Zukunft mit einem Hybridmodell: "Wir wollen jedem die freie Wahl lassen, von wo aus er oder sie arbeiten möchte", heißt es. Dafür wurden den letzten Jahren Millionen in mobiles Arbeiten investiert.
Während der Pandemie führte Sixt neue Tools für interne Kommunikation und Arbeitsprozesse ein, im Moment werden Führungskräfte in der Leitung von Remote-Teams geschult. Für sie ist Homeoffice längst Teil der New-Work-Strategie und kein "Nice to have", sondern ein "Must have" für die Zukunft.
1 Kommentar
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...das schon seit bald 25 Jahren! :-)