Was hat sich per 20. März für Arbeitnehmer geändert?
An diesem Tag sind die meisten Corona-Schutzmaßnahmen, darunter auch die Homeoffice-Pflicht und der 3G-Nachweis in Betrieben, weggefallen. Arbeitgeber schätzen die Gefährdung durch das Virus seither wieder selbst ein – und sind angehalten, ein betriebliches Hygienekonzept zum Infektionsschutz vorzulegen. Für die Umsetzung sind die Betriebe ebenfalls selbst verantwortlich.
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Heißt das, der Arbeitgeber darf jetzt ganz allein entscheiden, was er möchte?
Nein. Aufgrund der hohen Infektionszahlen gelten weiterhin gewisse Mindestanforderungen für Unternehmen, die die Bundesregierung bis 25. Mai als Übergangsphase verordnet hat. Der Arbeitgeber müsse weiterhin Schutzmaßnahmen treffen, um die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter zu gewährleisten, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh.
Dazu gehören: 1,50 Meter Abstand, etwa durch Einzelbüros oder ausreichend Platz zwischen den Schreibtischen. Falls das nicht möglich ist, kann die Führungskraft die Beschäftigten etwa im Wechsel vor Ort arbeiten lassen. Hinzu kommen Lüftung, Maskenpflicht dort, wo der Schutz nicht möglich ist, und wöchentliche Testangebote. Setzt der Arbeitgeber die Vorgaben nicht um, muss er dies laut Schipp gegenüber den Beschäftigten auch begründen können.
Können Beschäftigte auf Homeoffice pochen, auch wenn im Unternehmen Präsenzpflicht herrscht?
Davon rät Johannes Schipp ab. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben kein Recht mehr auf Homeoffice. Covid-19 gilt nun als ein Gesundheitsrisiko unter vielen. Damit haben Beschäftigte nicht mehr die Möglichkeit, sich auf die strengen Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes zu berufen. Es gilt regulär wieder das Arbeitsschutzgesetz.
Ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten dürfen, ist aber grundsätzlich im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt. Ohne eine entsprechende Klausel, so Schipp, dürfe der Arbeitgeber auf eine Rückkehr ins Büro bestehen. Wer trotzdem zu Hause bleibt, muss entweder mit einer Kündigung rechnen oder in Kauf nehmen, dass der oder die Vorgesetzte kein Gehalt mehr zahlt.
Welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer, wenn sie um ihre Gesundheit am Arbeitsplatz fürchten?
Johannes Schipp rät Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Vorfeld gut abzuwägen, ob ein Anspruch auf Homeoffice rechtlich umsetzbar ist. "Nur in Extremfällen können Arbeitnehmer darauf bestehen", sagt er. Das kann Schipp zufolge nur bezogen auf den konkreten Einzelfall geklärt werden.
Als Maßstab gelte: Die Arbeit im Büro darf dem Arbeitnehmer nicht mehr zuzumuten sein, weil das Gesundheitsrisiko überwiegt. Für den Arbeitsrechtler fallen beispielsweise Risikopatienten nach einer Organtransplantation darunter, für die eine Ansteckung auch mit vollständiger Impfung lebensgefährlich sein kann. In allen anderen Fällen sieht Johannes Schipp den rechtlichen Anspruch nicht gegeben.
Mein Arbeitgeber hat keine Schutzmaßnahmen mehr. Was nun?
Lassen die hygienischen Schutzmaßnahmen darauf schließen, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht – etwa weil nicht regelmäßig gelüftet oder der Abstand nicht eingehalten wird – dann empfiehlt Johannes Schipp im ersten Schritt den Arbeitgeber auf die Unzulänglichkeiten anzusprechen.
Erst wenn sich an der Situation nichts ändert, können Arbeitnehmer sich auf das Arbeitsschutzgesetz (§17) berufen und sich bei der Gesundheitsbehörde beschweren und im äußersten Fall den Vorgesetzten anzeigen. Auch wenn durch diesen Schritt im Unternehmen schlechte Stimmung drohen könnte, dürfe dem Arbeitnehmer laut Schipp dadurch kein Nachteil entstehen.
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