Personal und Employer Branding

"Digitale Sichtbarkeit ist extrem wichtig"

Mirjam Hagen
Céline Flores Willers ist Gründerin und CEO von The People Branding Company.
Céline Flores Willers ist Gründerin und CEO von The People Branding Company.

Überzeugende Inhalte von Menschen für Unternehmen, HR- und Recruiting- Strategie, künstliche Intelligenz und Automatisierung: Mit diesen Themen muss sich Céline Flores Willers als Gründerin und CEO von The People Branding Company auseinandersetzen. Sie erläutert im Interview, wie starkes Personal beziehungsweise Corporate Branding Firmen voranbringt – nicht nur sie selbst als Gründerin, sondern auch große Arbeitgeber.

fvw|TravelTalk: Céline Flores Willers – wer Ihren Namen hört, verbindet ihn meist mit der Auszeichnung "Linkedin Top Voice". Sie sind mit knapp 30 Jahren als Expertin für Personal Branding bekannt, Gründerin und CEO von The People Branding Company und haben rund 20 Mitarbeitende. Doch alles begann damit, dass Sie selbst zur Marke wurden. Gehört das inzwischen unbedingt dazu?
Céline Flores Willers: Nein, es ist nicht per se für jeden relevant, eine starke Personal Brand aufzubauen. Handwerkende oder Krankenpflegende müssen nicht unbedingt eine digitale Präsenz haben. Für alle Jobprofile jedoch, die eine digitale Schnittstelle haben, von der Büroassistenz bis zum CEO – für die ist digitale Sichtbarkeit extrem wichtig. Hier lohnt es sich, in die eigene Marke zu investieren. Denn was macht den Unterschied? Menschen machen am Ende des Tages mit Menschen Geschäfte. Alle Touchpoints für Erfolg, sei es im Verkauf oder in der Beratung, haben etwas mit persönlichen Kontakten zu tun.

Bleiben wir beim Beispiel der Krankenpflegenden. Es gibt viel zu wenige von ihnen. Wäre es nicht sinnvoll, den Beruf sichtbarer zu machen?
Absolut. Dann hätten Krankenpflegende allerdings eine Message, würden etwa zeigen, wie sinnstiftend und wichtig diese Aufgabe ist. Oder dass es zwar genug Jobs gibt, Menschen in der Gesundheits- und Pflegebranche aber mehr Wertschätzung und eine bessere Entlohnung verdienen. Es ginge also um eine politische Botschaft. Dann wäre eine Personal Brand dazu da, ein größeres übergeordnetes Thema voranzutreiben.

Als Unternehmerin sind Sie inzwischen so etabliert, dass Ihnen Professionals von großen namhaften Unternehmen ihre Personal Brand anvertrauen. Womit überzeugen Sie im Wettbewerb?
Nicht ich – wir! Wir sind ein gut aufgestelltes Team, dazu kommt ein großer Pool an Freelancern. Als Größenordnung: Rund ein Drittel unserer Kunden machen mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Wir betreuen insgesamt über 50 Großkunden-Accounts bei ihrem Corporate und Personal Branding auf Linkedin. Dazu trainieren wir die Mitarbeitenden und machen sie zu Markenbotschaftern auf Linkedin oder bauen die C-Level-Kommunikation auf. Um für unsere Kunden die beste Beratung sicherzustellen, experimentieren und testen wir viel mit meinem Account. Diese Möglichkeiten haben andere, auch Agenturen, nicht. Genau deshalb vertraut uns beispielsweise Julia Bösch, die CEO und Gründerin von Outfittery, beim strategischen Aufbau ihrer Reichweite. Arbeitgeber müssen sich abheben.

Warum zahlt Ihr Business-Modell auf den Aufbau einer starken Arbeitergebermarke ein – Stichwort Employer Branding?
Inhalte überzeugen, wenn sie authentisch, nahbar und ehrlich sind. Deshalb ist Corporate Influencing so wirkungsvoll. Am Ende des Tages vertraust du als Bewerber oder Konsument anderen Menschen. In jedem Unternehmen gibt es Menschen, die gern über ihren Job sprechen möchten, weil er ihnen Spaß macht. Die muss man an die Hand nehmen. Ich hatte nach meinen ersten Versuchen und Erfahrungen mit Personal Branding bei Ernst & Young den CEO zu einem wirkungsvollen Botschafter gemacht. Mittlerweile durften wir als Team schon erfolgreich ein Corporate-Influencer-Programm für SAP einführen.
Céline Flores Willers
Gründerin und CEO Die 29-Jährige hat 2020 ihr Unternehmen The People Branding Company mit Sitz in München gegründet. Sie beschäftigt inzwischen 20 Mitarbeitende und steuert Linkedin-Accounts von Entscheidern. Zudem erarbeitet sie Corporate-Influencer-Strategien für Unternehmen und tritt als Keynote-Speaker auf.

Sie posten viel über die Arbeitswelt. Mindestens so wichtig wie die Themen der Posts ist das Community-Management. Wie kann man mit dieser Anforderung den fast 150.000 Followern gerecht werden?
Community Building bedeutet, sich zu kümmern. Das macht eine erfolgreiche Personal Brand aus. Dass wir, sprich ich, persönlich antworten, zeigt Wertschätzung. Denn wenn sich jemand Zeit nimmt, einen langen kritischen Post zu schreiben, hat diese Person meinem Thema Aufmerksamkeit gewidmet. Natürlich treffe ich eine Auswahl, aber ich möchte bei meinem Account weiterhin im Lead sein. Helfen lasse ich mir bei anderen Dingen wie Visuals erstellen oder Videos schneiden.

Wenn Sie derzeit als Unternehmerin Ihre drei größten Herausforderungen in Hashtags beschreiben müssten, wie lauten diese?
#hiring: Obwohl wir eine sichtbare Marke sind, ist es auch für uns nicht leicht, die richtigen Talente zu finden – trotz meiner Reichweite. #Standardisierung: Wachstum ist manchmal echter Schmerz. Wir müssen den Workflow immer wieder neu gestalten, Prozesse hinterfragen und anpassen. Gerade setzen wir unsere komplette Tool-Landschaft neu auf. #KI: Das hält mich nachts öfter wach, und auch zwischendurch frage ich mich oft: Wo stehen wir in fünf Jahren? Gerade mit Blick auf ChatGPT. Ich setze mich viel mit dieser Technik, aber auch mit Tools, die auf Basis dieser Technik entstehen, auseinander. Ich frage mich, was solche Angebote bewirken, wie schnell sich Gegebenheiten dadurch ändern. Auch wir testen schon. Schließlich wollen wir immer einen Schritt voraus sein.

Ein Zukunftstrend für alle ist …
… die Automatisierung. Ich glaube, dass bestimmte Dinge, die heute in Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden gemacht werden, künftig von fünf erledigt werden können. Oder andersherum: Ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden hat dann einen viel höheren Output. Ein Beispiel: Heute screenen wir selbst auf Linkedin passende Kandidaten für unsere Jobs – wir machen das zwar schon mit Filtern, aber wir machen es selbst. Dann schreiben wir sie an, versenden eine Terminanfrage, vereinbaren einen Termin …

Sie meinen, dass künstliche Intelligenz bald das Recruiting oder Teile des Prozesses übernehmen wird?
In Zukunft könnte das so laufen: Eine KI scannt Bewerber nach bestimmten Kriterien und setzt an die gewählte Person automatisch ein Anschreiben auf. Das ist trotz KI persönlich formuliert, weil Merkmale aus dem Lebenslauf einbezogen werden. Nun wird das Anschreiben automatisch versendet. Wenn diese Person keinen Call bucht, wird automatisch nachgefasst. Einen Gesprächsleitfaden wird es künftig auch automatisch geben. Der Recruiter muss sich nur noch in den Call setzen, danach fasst der Computer das Ganze zusammen und schlägt eine inhaltliche Bewertung vor. Sprich: Vor und nach dem Gespräch läuft alles automatisch. Derzeit funktioniert das noch nicht einwandfrei, weil es generisch ist. Automatisierung wird sich dann durchsetzen, wenn Individualisierung möglich ist.
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Autorin Alexandra Leibfried leitet die Redaktion der Career Pioneer GmbH und Co KG mit Sitz in Wiesbaden. Das Unternehmen wurde am 1. Januar 2022 als Joint Venture der dfv Mediengruppe und der Immobilien Zeitung gegründet. Als Spezialist für HR- und Karrierethemen sowie Employer-Branding-Konzepte betreibt cp.jobs verschiedene Jobportale der dfv Mediengruppe, unter anderem das Branchenportal www.fvwjobs.de

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