Was unternehmen Kreuzfahrt-Reedereien, um nachhaltiger zu werden? Hochkarätige Experten diskutierten beim Wissenstag Kreuzfahrt von fvw|TravelTalk über konkrete Erfolge, Abhängigkeiten und Probleme in der Kommunikation. Hier können Sie jetzt das Video ansehen.
"Die Konsumenten erwarten große Fortschritte bei der Nachhaltigkeit, aber dafür zahlen wollen sie nicht", bringt es Alexis Papathanassis, Professor am Fachbereich Cruise Management der Hochschule Bremerhaven, gleich zum Auftakt der Diskussion über Nachhaltigkeit in der Kreuzfahrt auf den Punkt. An der Diskussion nahmen zudem Hansjörg Kunze, Vice President Communication and Sustainibilty von Aida Cruises, Lucienne Damm, Sustainability-Chefin bei TUI Cruises, sowie Tina Hudnik, Expedition Coordinator der norwegischen Reederei Hurtigruten, teil. Moderiert wurde die Veranstaltung von Christiane von Pilar, Chefreporterin fvw|TravelTalk.
Maßgeblich kommt der Druck, grüner zu werden, derzeit noch aus der Politik, aus der Branche selber und in Teilen von den Bewerbern. Beispiel Clia: Der internationale Kreuzfahrt-Branchenverband und seine Mitglieder haben vor einigen Jahren das Ziel ausgegeben, Klimaneutralität bis 2050 erreichen zu wollen.
LNG längst nicht überall vorhanden
Für Aida-Manager Kunze sind es viele Bausteine, aus denen sich eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie zusammensetzt. Er betont in der Diskussion, dass Aida sich sehr um die Entwicklung der Landstromanschlüsse im Norden Europas kümmert. Selbstkritisch sagt er aber auch: "Obwohl wir die wesentlichen Schritte gehen und transparent kommunizieren, müssen wir die konkreten Fortschritte den Reisebüros und Endkunden besser erklären."
Manchmal allerdings können Reedereien auch nicht so handeln, wie sie wollen. Beispiel: LNG. "Wir würden gerne unsere LNG-Schiffe auch mit LNG betanken, allerdings ist der Antriebsstoff global längst nicht überall vorhanden", sagt Kunze. Zudem erwähnt er auch die massiven Spar-Appelle von Regierungen, denen zufolge Kreuzfahrt-Reedereien in der Energiekrise auf LNG verzichten sollten.
Abhängig von der Forschung anderer
Für TUI-Cruises-Managerin Damm ist grünes Methanol der bislang nachhaltigste Antriebsstoff, weil dieser aus erneuerbarer Energie erzeugt wird und den Schiffsantrieb entlang der ganzen Wertschöpfungskette nahezu CO
2-neutral macht. Die Mein Schiff 7, die 2024 in Dienst gestellt werden soll, wird derzeit so gebaut, dass sie perspektivisch mit grünem Methanol fahren kann. Wie Kunze weist Damm aber auch darauf hin, dass Reedereien nicht die einzigen Player sind, um die Kreuzfahrt grün zu machen. "Wir sind auch wesentlich von den Forschungsleistungen der Motorenhersteller abhängig", sagt Damm.
TUI Cruises, das ein Joint Venture von TUI und Royal Caribbean ist, hat sich erst vor Kurzem eine ehrgeizige Nachhaltigkeitsstrategie verordnet. Bis 2030 will das Unternehmen die ersten klimaneutralen Kreuzfahrten anbieten. Gleichzeitig sollen alle Reedereien der TUI Group – inklusive des englischen Anbieters Marella – bis 2030 die CO
2-Emissionen ihrer Flotten um 27,5 Prozent reduzieren. "Die Nachhaltigkeitsstrategie umfasst etwa auch Landausflüge und den Einkauf", sagt Damm und ergänzt: "Wir wollen bis 2030 85 Prozent unserer Landausflugangebote mit einem unabhängigen Nachhaltigkeitszertifikat ausweisen."
Mehr dazu
In Sachen Nachhaltigkeit sind norwegische Kreuzfahrt-Reedereien den deutschen Wettbewerbern voraus. Selbstbewusst sagt deshalb auch Hurtigruten-Managerin Hudnik: "Nachhaltigkeit ist das Herz unseres Unternehmens." Als Begründung nennt sie, dass ihr Unternehmen derzeit zwei Hybridschiffe im Einsatz hat, also Schiffe, die auch mit Batteriestrom fahren können.
Reisebüros brauchen Infos fürs Kundengespräch
Tue Gutes und sprich darüber. So sollten Reedereien nach Meinung von Kreuzfahrt-Professor Papathanassis vorgehen. "Die Unternehmen sollten weniger die Ziele der nächsten Jahrzehnte ansprechen, sondern heute ganz konkret machen, wo was verbessert wird", sagt der Experte.
Mehr dazu
Dass auch Reisebüros möglichst einfache Erklärungen der komplizierten Materie kompakt wünschen, wissen alle Beteiligten der Diskussion. "Unser Vertriebsbereich wünscht sich am liebsten alles auf einem Blatt, damit der Counter dieses an die Endkunden so einfach wie möglich weiterreichen kann – aber so einfach ist das nicht", sagt Aida-Manager Kunze.
Sie müssen sich einloggen oder registrieren, um kommentieren zu können.