An dieser Stelle berichtet Oliver Graue, Redaktionsleiter Business Travel bei fvw | TravelTalk, über seine Woche im Business Travel.
Ostermontag, 5. April 2021
Es war eine Frage kürzlich in irgendeiner der vielen Quizsendungen, die allabendlich im Fernsehen laufen: Um was es sich bei einer "wohlfeilen Behauptung" handele, wollte der Quizmaster wissen. Um a) eine sehr intelligente Behauptung, um b) eine gut ausgewogene Behauptung, um c) eine wohlüberlegte Äußerung oder um d) eine abgedroschene, platte Behauptung. Hätten Sie, liebe Leserinnen, liebe Leser, das gewusst?
Ich will ja nicht klugscheißern – aber ich wusste es. Allerdings nur, weil ich einige Tage vorher in einem Zeitungsartikel von "wohlfeiler Ware aus China" gelesen hatte. Da die Autorin des Textes diese Ware zuvor als billig und geschmacklos titulierte, konnte "wohlfeil" also nichts Positives bedeuten – es konnte nicht "wohl fein" sein, wie es zunächst klingen mag. Nein, es ist billig, platt, geistlos, abgedroschen.
Für mich ist "wohlfeil" vor allem eines: ein weiteres Lieblingswort. Ich hatte an dieser Stelle schon davon berichtet, neben allerhand materiellem Tüddelkram auch Wörter zu sammeln, die vom Aussterben bedroht sind, und die sich doch wunderbar charmant anhören.
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Tüddelkram gehört natürlich dazu (manche sagen auch Klimbim), aber auch Muckefuck (wer trinkt den heute noch?), Mumpitz, Fisimatenten und überhaupt dieses ganze Brimborium. Auch das Ratzefummel steht auf der Roten Liste: In Zeiten des Computers ist es schließlich genauso überflüssig wie das Löschpapier oder das Tipp-Ex.
Und nun also auch "wohlfeil". Eine Definition des Wortes findet man übrigens schon im "Vollständigen Küchen- und Kellerdict.", einem Wörterbuch aus dem Jahre 1716. Dort heißt es: "Wohlfeil nennet man dasjenige, was unter dem sonst ordinairen Preisz gekauffet wird oder doch in Erwegung seines Werths vor ein billiges zu haben ist". Vielleicht sollte ich auch Sätze sammeln.
Dienstag, 6. April 2021
Nicht weit von (meinem Wohnort) Hamburg entfernt, tolle Natur und wunderhübsche Fachwerkstädtchen: Das niedersächsische Wendland gehört zu meinen Lieblingsgegenden. Schon aus diesem Grund musste ich das von Kristina Hauff verfasste Buch "Unter Wasser Nacht" (erschienen bei Hanserblau, 288 Seiten, 20 Euro) unbedingt haben.
Über Ostern nun habe ich den Roman gelesen – oder besser gesagt: verschlungen. Doch mit "Hygge" oder "Idylle" hat das, was Kristina Hauff in ihrem Buch schildert, so gar nichts zu tun. Im Gegenteil: Es geht darum, wie zwei einst eng befreundete Paare sich zunehmend voneinander entfremden, wie Misstrauen zwischen ihnen wächst, wie sich eine Ehe zerrüttet.
Wendland – das steht auch für zwei anderen Dinge: erstens für die Elbe, die die Gegend landschaftlich prägt. Und zweitens für ein öko-alternatives Lebensgefühl, das sich einst mit dem Protest gegen das atomare Endlager Gorleben dort breitmachte und das gesellschaftlich nach wie vor eine große Rolle im Wendland spielt.
Auch die beiden Paare, die in "Unter Wasser Nacht" die Hauptrollen spielen, habe sich bei Anti-Atomkraft-Demonstrationen kennengelernt, sich gemeinsam einen Bauernhof gekauft und von einer besseren Zukunft geträumt. Doch während das eine Paar sein scheinbar perfektes Familienglück genießt, verlieren das andere Paar seinen Sohn, mit dem es nie zurechtkam: Er ertrinkt in der Elbe.
Neid, Misstrauen, Schuldgefühle, Unausgesprochenes gewinnen in der Beziehung der beiden die Oberhand. Deutlich wird immer mehr, dass an der scheinbaren Idylle Wendland nur wenig wirklich idyllisch ist – denn beide Paare, so scheint es, haben zu der Tragödie beigetragen, und das "perfekte Glück" ist nicht mal mehr äußerlich vorhanden.
Zum Sinnbild des Romans wird die Elbe: Oberflächlich fließt sie scheinbar harmlos und schön anzusehen daher, zugleich aber sollte niemand in ihre düsteren Tiefen geraten. Genau das aber passiert den Hauptfiguren des Romans, auch im symbolischen Sinne.
Doch die Elbe steht auch für Neuanfang. Da sie ständig in Bewegung ist und fließt, trägt sie auch schreckliche Geschehnisse davon. Das hat zwar nach wie vor mit Idylle nichts zu tun, doch es bedeutet Trost. Und auch der ist entscheidend für das menschliche Dasein.
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