"Ins Erzählen flüchten", heißen drei Poetik-Vorlesungen von Jonas Lüscher. In ihnen deckt er das Wechselspiel zwischen Philosophie und Literatur auf – und spricht sich deutlich für Letztere aus.
Nein, leichte Kost sind sie ganz gewiss nicht, die drei Poetik-Vorlesungen, die der Schriftsteller Jonas Lüscher im Frühjahr 2019 an der Hochschule St. Gallen in der Schweiz gehalten hat. Aber das sind auch seine klassischen Werke nicht – wie zuletzt "Kraft" und "Frühling der Barbaren".
Für Lüscher bedeutet Literatur auch so etwas wie Politik (natürlich nicht im parteipolitischen Sinn) – als Gegengewicht zum materialistisch-rationalistischen Denken der Wissenschaft, welches seiner Analyse nach die westlichen Gesellschaften prägt. Und genau damit beschäftigt sich Lüscher in seinem Buch "Ins Erzählen flüchten", in dem er die drei Vorlesungen dokumentiert.
Er nimmt seine Leser mit auf eine Reise durch die Geschichte seit Parmenides und Platon, die ständig vom Gegensatz zwischen Philosophie (= nur das, was mess- und kontrollierbar ist, zählt) und Literatur geprägt ist. Letztere geht vom Einzelfall aus, erklärt nicht, sondern beschreibt. Und deckt gerade auf diese Weise die Machtverteilung in der spätkapitalistischen Gesellschaft auf.
Jonas Lüscher: Ins Erzählen flüchten (erschienen bei C.H. Beck, 111 Seiten, 16 Euro).
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